ADRESYS Adaptive Regelsysteme ist ein Tochterunternehmen der OMICRON electronics GmbH, Weltmarktführer bei Prüf- und Diagnoselösungen für elektrische Energieversorgung. Seit 2012 ist das Vorarlberger Unternehmen durch die Firmenübernahme von ARS-Adaptive Regelsysteme im Salzburger Techno-Z, Techno 4.
ADRESYS hat zuletzt ein innovatives, batteriebetriebenes Prüfgerät entwickelt und erfolgreich am Markt etabliert. Ein zukünftiges Standbein der Firma im Salzburger Techno-Z wird ein neuartiges Wearable sein. Es soll weltweit zur Reduzierung von Stromunfällen beitragen. Ein Interview mit Ulrich Klapper.
Ein gespräch über Arbeitssicherheit und Innovaton
Herr Klapper, Sie entwickeln derzeit mit Ihrem Team in Salzburg ein Wearable, das die Arbeitssicherheit für Menschen maßgeblich verbessert wird. Wie funktioniert es?
Ulrich Klapper: Angel ist ein T-Shirt, das erkennt, wenn Strom durch den Körper fließt. Entweder schickt es dann ein Funksignal an einen Not-Aus-Kreis. Dann wird der Strom abgeschaltet. Oder Angel holt Hilfe. Es alarmiert Menschen, die eingreifen können.
Können Sie das an einem Beispiel erklären?
Ulrich Klapper: Nehmen wir z.B. eine Reparaturwerkstatt für Kaffeemaschinen. Hier wird eine Maschine nach der anderen repariert. Manchmal muss der Mitarbeiter bei der Reparatur das Gehäuse abnehmen. Da gibt es natürlich Bereiche, wo der Techniker Spannung berühren könnte. Im Idealfall ist an den Arbeitsplätzen in der Werkstatt ein Not-Aus-System installiert. Wenn der Mitarbeiter das Shirt trägt und eine Stromberührung hat, wird über das Aus-Signal via Funk das Not-Aus-System aktiviert. Mit dem Shirt werden zwei Effekte erzielt. Erstens weiß der Chef dann, dass da etwas vorgefallen ist. Das Bewusstsein wird also sehr viel höher. Und zweitens wird nach 100 Millisekunden ausgeschaltet. Das Gesundheitsrisiko ist minimiert. Angel ist wie ein Airbag für Menschen, die mit Strom in Berührung kommen könnten.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Ulrich Klapper: Bisher haben wir immer versucht, die Prüfgeräte von OMICRON sicherer und sicherer zu machen. Die Idee hatte ein Kollege, nachdem er eine Sendung über Kreissägen gesehen hatte. Kreissägen stoppen das Sägeblatt, wenn man mit der Hand zu nahe kommt. Er hat sich gefragt, warum das mit unseren Geräten nicht geht? Die Idee war also, dass unser Prüfgerät abschaltet, wenn damit ein Unfall passiert. Schnell war auch die Erkenntnis da, dass das nicht nur für OMICRON-Prüfgeräte relevant ist. Wir können damit im Prinzip jedem, der mit Strom in Berührung kommt, helfen.
Was sind die größten Herausforderungen bis zur Markteinführung?
Ulrich Klapper: Es sind viele kleine, technische Probleme, die zu lösen sind. Wir sind super Leistungselektroniker. Jetzt haben wir textile Themen, mit denen wir uns bisher nicht beschäftigt haben. Wir müssen z.B. Kunststoff mit Stoff kleben. Aber wir gehen auch mit einem neuen Produkt in einen neuen Markt. Und dort die Kunden zu erreichen, zu überzeugen, Geld in die Hand zu nehmen für etwas, das es bis jetzt noch nicht gab, das wird noch eine ganz große Herausforderung in den nächsten Jahren sein. Bei den Leuten, die am Anfang Airbags in Autos eingebaut haben, war das auch so. Sicherheit wollen alle, aber wollen wir auch dafür zahlen? Heute würden wir kein Auto ohne Airbag mehr kaufen.
Wie lange wird es noch bis zur Marktreife dauern?
Zwei Jahre. Vor Kurzem haben wir einen Feldtest abgeschlossen. 80 Elektriker waren mit unseren Shirts im Einsatz, insgesamt 2.500 Tage. Unsere Aufzeichnungen zeigten zehn Stromberührungen an. Das heißt im Schnitt alle 250 Tage eine Stromberührung.
Wie viele Stromunfälle gibt es in Österreich?
Es gibt von der AUVA eine Statistik, die besagt, dass es ca. 200 Stromunfälle pro Jahr bei uns gibt, die im Schnitt 40.000 Euro pro Stromunfall kosten. Aber es gibt eine gigantische Dunkelziffer. Diese Unfälle wären zwar meldungspflichtig, aber es meldet sie keiner. Wenn unser Hauselektriker wo reingreift, flucht er. Es gibt keine Zahlen, weil das noch niemand untersucht hat. Mit Angel würde das deutlich werden. Wir sind mit der AUVA im Gespräch.
Wie wichtig ist es für das Entwicklerteam von ADRESYS, einen Mutterkonzern wie die OMICRON im Hintergrund zu haben?
Total wichtig. Wir könnten so ein Projekt nie allein stemmen. Es wäre eine Nummer zu groß. Zusätzlich haben auch der Forschungsförderungsfonds (FFG) und das Land Salzburg angeschoben. Wir brauchen hier, um das Projekt umsetzen zu können, auch Einiges an Infrastruktur. Die Digitalisierungsförderung vom Land ist eine gute Sache.
Was sind für Sie die wichtigsten Voraussetzungen für Innovation?
Die richtigen Leute und ein großes Maß an Freiheit.
Wie wichtig ist der Standort Techno-Z für ADRESYS?
Wir fühlen uns im Techno-Z sehr wohl. Hier haben wir auch einige Firmen, mit denen wir zusammenarbeiten. Es ist toll, dieses Netzwerk zu haben und es gibt viele Dinge, um die wir uns nicht kümmern müssen. Wir brauchen keine Firma suchen, die uns die Feuerlöscher kontrolliert oder die Notbeleuchtung.
Wenn wir umplanen wollen, brauchen wir keinen eigenen Architekten. Allerdings hätten wir gern mehr Platz. Derzeit sind wir im Wachstum sehr eingeschränkt. Die Techno-Z-Erweiterung würde unseren Expansions-Plänen sehr entgegen kommen.
Vielen Dank für das Gespräch!